Istanbul, 31. Oktober 2024
Liebe Mitglieder der Vereinigung der Wunderbaren Medaille für Österreich!
Anlässlich des 200. Todestages der seligen Anna Katharina Emmerich wurde im Oktober dieses Jahres in Izmir und Ephesus ein Symposium veranstaltet, das das Zusammenwirken von zwei demütige Werkzeugen in den Händen Gottes beleuchtete: die Mystikerin und Augustinernonne aus Deutschland, die mit ihren visionären Schriften große Berühmtheit erlangt hat und die wenig bekannte Barmherzige Schwester Sr. Marie de Mandat-Grancey, deren Seligsprechungsprozess weit fortgeschritten ist.
Sr. Marie kommt beim Lesen des Buches „Leben der Heiligen Jungfrau Maria“ an die Stelle, in der Katharina Emmerich in vielen Details das Haus Mariens in Ephesus und die umgebende Landschaft beschreibt. Da sie damals in Izmir im französischen Krankenhaus Oberin war, fasste sie den Entschluss das beschriebene Terrain, das nur etwa 70 km entfernt lag, zu erkunden. Dazu musste sie aber erst die Herren Lazaristen gewinnen. Ähnlich wie bei Katharina Labouré ist es ihr mit einiger Hartnäckigkeit auch gelungen. Im Jahre 1891 erfolgte die erste Expedition. Es wurden Überreste des Hauses gefunden, in dem die Gottesmutter Maria am Ende ihres Lebens bis zu ihrer Aufnahme in den Himmel gelebt hat. Sr. Marie, die aus einer begüterten adeligen Familie kam, konnte das ganze Areal käuflich erwerben und hat so den Grundstein für den heutigen internationalen Wallfahrtsort Meryem Ana (Evi)/ Haus der Gottesmutter Maria gelegt.
Adele Louise Marie de Mandat-Grancey wurde 1837 in Burgund geboren. Ihre Eltern besaßen auch ein Haus in Paris in der rue de Bac. Im Alter von 13 Jahren schrieb sie in ihr Katechismusheft: Ich bitte dich, mein Gott, gib mir die Berufung zum Ordensleben, denn ich fühle, dass ich nie die Kraft haben werde, den Versuchungen zu widerstehen, denen ich in der Welt ausgesetzt sein werde. Gib mir die Gnade, o mein Gott, mich ganz von den Dingen dieser Welt zu lösen und nur nach dem Himmel zu streben. O heilige Jungfrau, meine gute Patronin, lege für mich bei Gott Fürsprache ein, damit er mein Gebet erhört, denn dann hätte ich den sichersten Weg, zu ihm zu kommen und ewig glücklich zu sein. Amen.
Marie fand 1857 wie so viele junge Frauen damals den Weg in die Gemeinschaft der Barmherzigen Schwestern, deren Mutterhauskapelle in der rue du Bac seit 1834 für alle Besucher offenstand und seither zu einem bedeutenden Wallfahrtsort angewachsen ist. Die ersten Jahre nach der Grundausbildung arbeitet Sr. Marie mit großer Hingabe als Krankenschwester in Nordfrankreich. Ihre besondere Sorge gilt den Kindern im örtlichen Waisenhaus und den jungen Mädchen, denen sie Nähunterricht gibt. 1870 wird sie Oberin in einem gemeinschaftseigenen Waisenhaus in der Nähe von Paris.
Im Alter von 49 Jahren folgte Sr. Marie 1886 mit Begeisterung dem Ruf nach Kleinasien. Das französische Krankenhaus in Izmir brauchte dringend neue Kräfte. 1890 wird sie dort Oberin. Sie erwirkt die Erlaubnis im großen Garten des Krankenhauses eine kleine Schule für Mädchen und eine Ambulanz für Arme errichten zu dürfen. Die Geldmittel dazu bekommt sie von ihrer Familie. Marienverehrung bedeutete für Sr. Marie auch in Izmir in mütterlicher Weise für Arme da zu sein und speziell jungen Mädchen, die vom Land in die Stadt gezogen sind, im Verein der Marienkinder einen Halt im Glauben zu vermitteln. Wenn sie von Maria, von ihrer unbefleckten Empfängnis sprach, dann strahlte ihr Gesicht in einem wunderbaren Lächeln – so besagt es das Zeugnis vieler älterer und jüngerer Mädchen, die sie betreute.
Sr. Marie sollte aber noch für eine andere himmlische Mission gebraucht werden und stellt sich dafür ganz zur Verfügung, nämlich zur Auffindung und Erschließung des Hauses Mariens. Die beiden Lazaristen, die sie für die Mitarbeit bei der Entdeckung des Hauses Marias und die Schaffung des Wallfahrtsortes gewinnen konnte, haben nicht gezögert rückblickend auf die Ereignisse Sr. Marie als „Mutter von Panaya-Kapouli (alter Name von Meryem Ana)“ zu bezeichnen.
So wie die Erscheinungskapelle in der rue du Bac mit dem Glaubenssatz von der Unbefleckten Empfängnis Marias (1854) verbunden ist, so ist es Meryem Ana mit dem Entschlafen und der Aufnahme Marias in den Himmel (1950). Die Statue der Gottesmutter, die heute in ihrem Haus in Ephesus steht, kommt aus Paris. Es ist die Darstellung, die durch die Wunderbare Medaille Marias in aller Welt bekannt geworden ist. Auch von daher wird verständlich, was Kardinal Schönborn als Grußwort zur Biographie von Sr. Marie schreibt: Das Haus Marias in Ephesus ist einer der außergewöhnlichsten Orte der Welt, der von Katholiken, Orthodoxen und Muslimen geliebt wird. Wir verdanken diesen verehrungs-würdigen Ort der [Dienerin Gottes] Schwester Marie de Mandat-Grancey, die diesen verborgenen Schatz für uns alle freigelegt hat. Heute ist es ein besonderer Ort des Christlich-Muslimischen Dialogs, der so dringend nötig ist.
Der Wallfahrtsort Meryem Ana wurde anfangs von den Lazaristen betreut. Bis 1996 waren noch die Barmherzigen Schwestern bei der Betreuung der Pilger beteiligt. Heute sind andere Ordensgemeinschaften vor Ort. Für die Verwaltung zuständig ist ein 1952 vom damaligen Erzbischof gegründeter Verein, dem auch die Besitzrechte übertragen worden sind. Mit unserem Gebet wollen wir die Bemühungen des Erzbischofs von Izmir, Martin Kmetec OFM, unterstützen, dass seine Zuständigkeit für den Wallfahrtsort wieder mehr anerkannt wird.
Mit diesen Gedanken und Nachrichten aus der Türkei möchte ich Sie zu der Feier des diesjährigen Medaillenfestes herzlich einladen. Es grüßt und segnet Sie/Dich,
Alexander Jernej CM