Frankreich spielte auf dem Weg zur heute üblichen Staatsform der liberalen Demokratie, in Europa und in der Welt eine Vorreiterrolle. Genau an einem der bedeutendsten Übergänge von Monarchie im alten Stil zur modernen demokratischen Staatsform wie sie für uns heute selbstverständlich ist, wurde der Kirche, wurde den orientierungssuchenden einzelnen Gläubigen ein wunderbares Geschenk des Himmels zuteil. Eine junge Barmherzige Schwester vom Land, Katharina Laboure hat als erste vor genau 180 Jahren die Botschaft der Gnade aus dem Mund Mariens vernommen, die dann durch eine kleine Medaille, in fester Form geprägt, allen Menschen weiter gegeben werden sollte und soll.
Maria, die Überbringerin der Medaille ist die Gnadenvolle von Anfang, von ihrer Empfängnis an. Die theologischen Überlegungen waren bei diesem Glaubenspunkt schon weit gediehen. Die geistliche Bewegung, die von der Medaille ausgeht, wird auch im Bereich der Lehre der Kirche in diesem Glaubenspunkt den endgültigen Durchbruch schaffen. Die feierliche Verkündigung der Unbefleckten Empfängnis Mariens im Jahre 1854 hat der Kirche dann nach vielen Jahren der Krise und Bedrängnis, im Gefolge von Aufklärung und Revolution, neu erstarken lassen. Die Kirche war nun nach innen und außen wieder gefestigt.
Heute durchlebt die Kirche, durchleben wir als Gläubige in unseren Breiten wiederum eine Zeit der Prüfung und Klärung. Sich nicht lähmen lassen, die Fackel des Glaubens weiter tragen, lautet eine Gebot der Stunde. Die Dringlichkeit des Schlagwortes der Kirche in den letzten Jahren „den Übergang gestalten und nicht den Untergang verwalten“ ist vielen bewußt. Welche Form der Kirche soll aber entstehen und ist zu fördern? Übergang wohin?
Sichere Antworten darauf gibt es ebenso wenig wie auf die Frage nach der Zukunft der Menschen als Einzelne und als Sozialwesen überhaupt. Klar ist aber auf der anderen Seite, dass jeder Einzelne, auch von uns, seinen Beitrag leistet, dass ich mit meinem Tun und Lassen, meinem Sprechen und Denken, und besonders mit meinem Beten den Weg von Kirche und Gesellschaft im Kleinen und im Großen mitbestimme. Die Vernetzung von allen und jedem, die Tatsache, dass wir als Kirche einen mystischen Leib bilden, mit intensiven wechselseitigen Abhängigkeiten, ist in unserer Zeit auch nach außen hin offensichtlich geworden. Was heute in Rom oder bei einer Besprechung in einer kleinen Pfarre gesagt wird oder geschieht kann mittels Internet im nächsten Augenblick der Weltöffentlichkeit präsentiert werden, und das geschieht immer mehr. Die Vielfalt der Informationen und auch Meinungen nimmt ständig zu. Wie aber sich in diesem Stimmenwirrwarr auskennen, wie sich orientieren?
Nur eines ist notwendig, sagt Jesus zu der geschäftigen Martha im Ev, nur eine Stimme verdient es unbedingt gehört zu werden.
Der vor etwas mehr als 2 Monaten von Papst Benedikt seliggeprochene John Henry Newman, dessen Leben stets von einer bedingungslosen Suche nach Wahrheit geprägt war und der seinen Durchbruch vom anglikanischen zum katholischen Glauben als Träger einer Wunderbaren Medaille vollzogen hat, gilt als der wichtigste Wegbereiter der heutigen christlichen Lehre vom menschlichen Gewissen, zu der das 2. Vat Konzil bahnbrechendes verkündet hat. So heißt es etwa in Gaudium et Spes:
In seinem Innersten entdeckt der Mensch ein Gesetz, das er sich nicht selbst gibt, … das von Gott seinem Herzen eingeschrieben ist, dem zu gehorchen seine Pflicht und Würde ist... Das Gewissen ist der verborgenste Kern und das Heiligtum des Menschen, in dem er allein ist mit Gott, dessen Stimme in seinem Innersten widerhallt.“
Die Stimme des Gewissens als Widerhall der Stimme Gottes beschreibt Newman so: „Meine Natur empfindet die Stimme des Gewissens als die einer Person - gehorche ich ihr, empfinde ich Befriedigung; gehorche ich nicht, empfinde ich Unbehagen - gleich dem, das ich empfinde, wenn ich einen verehrten Freund erfreue oder beleidige. Zum Echo gehört eine Stimme, zu einer Stimme der Sprecher: und diesen Sprecher liebe und verehre ich“ Weiters sagt er: „Das Gewissen besitzt seine Rechte, weil es seine Pflichten hat“ nämlich sich zu bilden und die Lehre Christi und der Kirche ernst- und anzunehmen.
Newmans bekannter Trinkspruch:„ ... zuerst auf das Gewissen und dann erst auf den Papst!“ meint so keineswegs ein beliebiges Entscheiden, sondern eine strenge Selbstverpflichtung.
Erst über sein Gewissen und die Erkenntnis, dass auch in der kath. Kirche nichts und niemand, nicht die Heiligen und auch nicht Maria zwischen Gott und dem einzelnen Menschen stehen, hat Newman seinen Weg eröffnet, den er dann begleitet von Maria, ausgedrückt durch ihre Medaille, die er um den Hals trug, gehen konnte.
Papst Benedikt beschreibt unser Verhältnis zu Maria in diesem Zusammenhang so: „Maria steht nicht nur in einer einzigartigen Beziehung zu Christus. … Indem sie vollkommen mit Christus verbunden ist, gehört sie auch vollkommen zu uns. Ja, wir können sogar sagen, daß Maria uns so nah ist wie kein anderer Mensch es sein kann.“
Diese besondere mütterliche Nähe Marias, ausgedrückt und durch den Glauben wirksam in der Medaille begleitet uns in den tiefen Fragen und Nöten des Gewissens. Wie viele Menschen weichen der Stimme ihres Gewissens aus und bräuchten hier eine liebevolle, mütterliche Begleitung um auf das Wichtigste, Entscheidende und letztlich Seligmachende in ihrem Leben zu achten und achten und immer mehr achten zu lernen.
Nicht die Menschen im Sinne des Evangeliums zu verändern, ist unsere Aufgabe, sondern sie zu Gewissensentscheidungen zu ermutigen und dabei zu begleiten, v.a. aber auf die Begleitung Mariens hinzuweisen, die sie seit 180 Jahren durch die Medaille unterstreicht.
Auf die Stimme des Gewissens zu achten, sie auch nach außen in Kirche und Gesellschaft zu vertreten, ist der Weg, den Christus uns weist und bei dem uns Maria in besonderer Weise nahe ist. Der Wunsch Mariens, dass alle, die ihre Medaille tragen, sich zu Vereinigungen zusammentun, unterstreicht, dass dieser Weg nicht in die Vereinzelung, sondern zu einer neuen Verbundenheit führt mit allen, die diesen Weg gehen.
Gehen wir diesen Weg mit Maria weiter. AMEN